Pressemitteilung der Gemeinde Erzhausen
Frankfurter Startroute „AMTIX kurz“
Gemeinde Erzhausen schreibt offenen Brief an den Ministerpräsidenten Volker Bouffier
Erzhausen, 08. Mai 2017 – Bürgermeister, Gemeindevorstand und Gemeindevertretung von Erzhausen haben sich in einem gemeinsamen offenen Brief an den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier gewandt.
Das Schreiben, das in der heutigen Ausgabe des „Darmstädter Echo“ veröffentlicht wurde, thematisiert die mögliche Verlegung der Frankfurter Startroute „AMTIX kurz“ an den Rand der Gemeinde Erzhausen, durch die der Ort zu einer in höchstem Maße von Fluglärm betroffenen Zone würde. Die weit vorangeschrittenen Pläne sind in der Gemeinde Erzhausen auf inoffiziellem Weg bekannt geworden, eine offizielle und detaillierte Information oder gar Beteiligung hat es bis heute nicht gegeben.
Der Erzhäuser Bürgermeister Rainer Seibold dazu: „Gerade die Geheimniskrämerei macht uns stutzig. Dass man die Öffentlichkeit nicht informiert und die Betroffenen nicht beteiligt, lässt den Schluss zu, dass die geplante Startroutenverlagerung völlig unausgegoren ist. Über 30 Jahre nach Inbetriebnahme der Startbahn West muss die Region doch endlich mal zu Ruhe kommen.“
In Zukunft will die Gemeinde Erzhausen mit allen verfügbaren Mitteln gegen die Routenverlagerung vorgehen. Dazu gehören eine umfassende Aufklärung der Erzhäuser Bevölkerung, die Ansprache von verantwortlichen Politikern und die aktive Nutzung von Beteiligungsforen wie der Fluglärmkommission.
Anlage zu dieser Pressemitteilung: Offener Brief vom 08.05.2017
Kontakt Presse
Bürgermeister Erzhausen Rainer Seibold Rodenseestraße 3 64390 Erzhausen rainer.seibold@erzhausen.de |
Leiter Arbeitskreis „AMTIX kurz“ Erzhausen Klaus Süllow Kranichsteiner Str. 11 64390 Erzhausen klaus.suellow@gruene-erzhausen.de |
Gemeinde Erzhausen • 64386 Erzhausen
An den
Hessischen Ministerpräsidenten
Herrn Volker Bouffier
Offener Brief von Gemeindevorstand und Gemeindevertretung der Gemeinde Erzhausen an Ministerpräsident Volker Bouffier anlässlich der Planungen zur Verlegung der Flugroute „AMTIX kurz“.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Bouffier,
Erzhausen im südlichen Rhein-Main-Gebiet hat ca. 8.000 Einwohner und ist rundum lärmgeplagt: Am östlichen Ortsrand verläuft eine stark mit Güterzügen befahrene Bahntrasse, im Westen verläuft in etwas Abstand die A5. Am Nordrand des Ortes befindet sich der Flugplatz Egelsbach, mit bis zu 100.000 Flugbewegungen jährlich der verkehrsstärkste seiner Art in Deutschland. Dort ist auch eine Hubschrauberstaffel der Polizei stationiert, die häufig auch Nachteinsätze fliegen muss.
Und ca. 3 km südlich unserer Gemeinde verläuft die Startroute „AMTIX kurz“ vom Frankfurter Flughafen. Der durch diese Route entstehende Fluglärm reicht aus, um Gespräche im Freien zu unterbrechen.
All dies ertragen wir klaglos. All dies ist nicht der Grund für diesen Brief.
Wie wir nun aber erfahren haben, existieren konkrete Planungen, die erwähnte Startroute „AMTIX kurz“ nach Norden an den Südrand von Erzhausen zu verschieben. Die Simulationen einer solchen Verschiebung bei der DFS sind abgeschlossen. Die Planungen sind also zur Umsetzungsreife fortgeschritten.
Für Erzhausen wäre eine solche Verlegung eine historische Katastrophe: Beinahe der komplette Ort wäre einer Lärmbelastung bis 55 dB und darüber ausgesetzt. Zuzüge oder sogar neue Baugebiete wären illusorisch, Bevölkerungsrückgang die logische Folge. Seit Anbindung an die Bahnlinie Frankfurt-Darmstadt vor 130 Jahren ist Erzhausen eine Wachstumsgemeinde. Diese lange, gesunde Entwicklung würde ein abruptes Ende finden.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir haben hierzu viele Fragen:
Überlegungen zur erwähnten Verlegung gibt es schon seit vielen Jahren, wie wir erfahren haben. Die Gemeinde Erzhausen hat jedoch erst seit 2015 einen Sitz in der Fluglärmkommission. Wie passt das zusammen mit dem Anspruch der Beteiligung lärmbetroffener Kommunen?
Niemand ist aktiv auf unsere Kommune zugegangen und hat uns über die o.g. Planungen informiert. Ist Erzhausen ein Einzelfall oder werden in der nächsten Zeit auch andere Kommunen im Rhein-Main-Gebiet in ähnlicher Weise „überrascht“?
Offenbar waren nicht nur wir Erzhäuserinnen und Erzhäuser ahnungslos. Am Rande unseres Ortes, bereits auf Weiterstädter Gemarkung, befindet sich die Hessenwaldschule mit ca. 700 Schülerinnen und Schülern. Die wurde erst 2016 für 22,5 Millionen Euro neu gebaut, ein rundum gelungenes Projekt und laut Schulleiter die „schönste Schule Deutschlands“. Nach Verlegung von „AMTIX kurz“ wäre sie allerdings nur noch eine der lautesten Schulen Deutschlands. Welche Eltern werden dann ihre Kinder noch dorthin schicken wollen?
Nach unserer Kenntnis haben sich die Rahmenbedingungen für den Betrieb des Rhein-Main-Airports in den letzten Jahren nicht verändert, das Flugaufkommen blieb sogar hinter den Erwartungen zurück. Warum werden dann derart schwerwiegende Flugroutenänderungen geplant, die neue höchstbetroffene Zonen schaffen? Wer schützt die Gemeinden und Stadtteile des Rhein-Main-Gebiets vor anderen vordergründig anlasslosen Routenänderungen, sei es für Starts, sei es für Landungen? Worauf können die Kommunen des Rhein-Main-Gebiets überhaupt noch vertrauen?
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir möchten um Ihre Unterstützung in dieser Angelegenheit bitten. Würden die erwähnten Pläne umgesetzt werden, wäre ein Präzedenzfall geschaffen, der sich überall im Rhein-Main-Gebiet wiederholen könnte. Das Vertrauen der Kommunen wäre flächendeckend zerstört. Wir alle sollten ein Interesse daran haben, es nicht soweit kommen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgermeister Rainer Seibold, Gemeindevorstand und Gemeindevertretung von Erzhausen